top of page

4 Ergebnisse gefunden für „“

  • Die neue Archäologische Staatssammlung

    Archäologie trifft edles Design Auf diese Wiedereröffnung hat die Münchner Museumsszene gespannt gewartet: nach rund acht Jahren Sanierungsarbeiten lädt die Archäologische Staatssammlung München im frischen Look zu einer Entdeckungstour durch bedeutende Grabungsschätze ein. Die neue Ausstellungsfläche überrascht mit Großzügigkeit und elegantem Design. Zugegeben: ich war nie ein großer Fan archäologischer Fundstücke. Obwohl ich Geschichte liebe und Ausgrabungen wie etwa in Pompeij faszinierend finde, rufen endlos aneinandergereihte Glasvitrinen mit antiken Exponaten bei mir normalerweise wenig Begeisterung hervor. Zumindest bisher. AUFSCHLUSS ÜBER DEN MENSCHEN - DAMALS WIE HEUTE Dass ich mit dieser Haltung sehr viel verpasst habe, wird mir beim Besuch der neu- bzw. wiedereröffneten Archäologischen Sammlung München klar: die dort äußerst stilvoll präsentierten Ausstellungsstücke geben Aufschluss darüber, wie die Menschen damals (das „damals“ unterteilt sich hier in mehrere Abteilungen: Vorgeschichte, Römerzeit, Mittelalter und Neuzeit, bzw. in die Mittelmeersammlung und die Numismatik, was "Münzkunde" bezeichnet) fühlten, an was sie glaubten, welchen Blick sie auf das Leben hatten und was ihnen wichtig war, was wiederum - und das finde ich an dieser Stelle wichtig zu erwähnen - erstaunliche Erkenntnisse darüber liefert, wie und warum wir, die wir heute leben, unser Denken, Handeln und Fühlen über die Jahrtausende hinweg entwickelt und teils an die jeweiligen Lebensumstände angepasst haben oder anpassen mussten. Archäologie quasi als Sprung zurück in die Zukunft, oder auch als "Zugang in eine andere Welt", wie es die Sammlung selbst beschreibt. STOLZE 15.000 EXPONATE - DOCH DIE RÄUME ATMEN Allerdings komme ich auch hier zunächst nicht um Exponate in Glasvitrinen herum. Diese haben jedoch bei weitem nichts mehr mit jenen verstaubten Kästen zu tun, die mir von früher in Erinnerung geblieben sind. Das liegt vor allem an der gut strukturierten Präsentation der Stücke: Über 20 Millionen Objekte beherbergt die Sammlung insgesamt, davon sind aktuell rund 15.000 ausgestellt. Das ist eine ganze Menge, doch nimmt man die Zahl nicht bewusst wahr: die Räume können trotz der Vielzahl an Vitrinen atmen, jedes Exponat hat Platz für sich und ist noch dazu gut ausgeleuchtet, was die Tatsache wett macht, dass nur selten Tageslicht in das Gebäude dringt, doch wenn es das tut, dann geschieht dies gezielt, was insgesamt für eine warme und freundliche Atmosphäre sorgt. FOKUS AUF BAYERISCHE SCHÄTZE Die Sammlung präsentiert überwiegend Funde, die bei Grabungen auf Bayerischem Boden entdeckt wurden. Dabei liegt der Schwerpunkt, so die Beschreibung des Museums, auf „Kunst- und Alltagsobjekten, Grabbeigaben und Schatzfunden.“ Zu den Highlights zählen dabei ein 3.000 Jahre alter „Einbaum“ von der Roseninsel im Starnberger See, die Moorleiche aus der Gegend von Peiting im Landkreis Weilheim-Schongau und ein fast vollständig erhaltener hölzerner Brunnenschacht vom Münchner Marienhof. Wer mag, kann zwischen den Führungsrouten "Münchner Schmankerl“, präsentiert von der Kabarettistin Luise Kinseher, oder den „Highlights“ des Museums wählen, und sich per App mit mit dem Smartphone durch die Sammlung führen lassen. NEUE FORMEN, EDLES DESIGN Nun bin ich am heutigen Tag nicht (nur) ins Museum gekommen, um nach meinem Besuch eine wissenschaftliche Abhandlung zum Thema archäologische Funde in Bayern zu schreiben ;) Vielmehr bin ich neugierig darauf, wie das Museum insgesamt auf mich wirkt, und ob es die Sammlung tatsächlich schafft, einen „Archäologie-Muffel“ wie mich für sich zu begeistern. Um die Antwort vorweg zu nehmen: Ja, sie tut es. Vor allem die bereits erwähnte architektonische Gestaltung hat es mir – innen wie außen - angetan: so schuf das in Madrid und Berlin ansässige Architekturbüro Nieto Sobejano Arquitectos einen für München einzigartigen, unterirdischen Neubau, der auf 600 Quadratmeter Platz für Sonderausstellungen bieten soll (die erste Sonderausstellung ist laut Website für November 2024 geplant, weshalb dieser Raum aktuell leider noch nicht besichtigt werden kann, doch die nachfolgende Abbildung unten rechts lässt die beeindruckende Dimension dieses Raums erahnen). Was zudem ins Auge sticht, ist die markante, bronzefarbene Außenfassade aus „Cortenstahl“, die noch vom Ursprungsbau der 70er Jahre (Architektenbüro Werz, Ottow, Bachmann und Marx, damals noch unter dem Namen "Prähistorische Staatssammlung") stammt, doch nun in ganz neuem Glanz erstrahlt. Auch der Eingangsbereich wurde durch einen neuen Gebäude-Kubus erweitert und bietet unter anderem Platz für ein Museumscafé. Die Neugestaltung der Innenräume verantwortet das Atelier Brückner aus Stuttgart: mit einem Spiel aus Hell und Dunkel (mich persönlich erinnert dieser Kontrast daran, die wertvollen Funde von der Dunkelheit ins Licht zu holen), großzügiger Raumgestaltung mit viel Glas, meist umrahmt von schwarzem Stahl, erdigen Holzelementen und fabelhaftem Lichtdesign, ist ein zeitgemäßer, frischer Look entstanden, der Architektur-Fans mit Sicherheit auf seine Seite zieht. Besonders hervorzuheben ist ein Ausstellungsraum, in dem der Besucher über einzelne Glasplatten hinweg läuft und die Stücke auf diese Weise von oben herab betrachten kann – eine tolle Abwechslung zu den „herkömmlichen" Glaskästen“ ;) Überhaupt sorgt die Sammlung für Abwechslung. So wurde die Dauerausstellung neu gegliedert: statt einer meist typischen, chronologisch-sortierten Reihenfolge wurden die Exponate im ersten Obergeschoss nach Themen wie Wohnen, Ernährung, Werte, Identität oder Glauben geordnet. Außerdem sorgen Comics des Münchner Künstlers Frank Schmolke für Farbtupfer in den sonst eher grau-weiß- schwarz-beige gehaltenen Räumlichkeiten. Die Zeichnungen Schmolkes zeigen Alltagsszenen der Menschen aus der damaligen Zeit (wie etwa einen Kampf, einem Ritual oder beim gemeinsamen Speisen), die so für den Besucher sehr lebendig wirken. Ein schönes „Extra“, nicht nur für junge Archäologie-Liebhaber. GEHEIMTIPP: DIE DACHTERRASSE Besonders ist der Besuch sonntags zu empfehlen, da der Eintritt hier bei nur einem Euro liegt (eine Besonderheit vieler Münchner Museen, die ich besonders schätze, da Kultur so für alle zugänglich gemacht wird). Zudem sind Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren frei. Alle Ebenen sind dazu barrierefrei. Öffentliche Führungen durch die Sammlung bietet die Münchner Volkshochschule jeden Sonntag um 14 Uhr an, Führungen für geschlossene Gruppen können direkt mit dem Museum vereinbart werden. Bei schönem Wetter kann man übrigens auch auf der wunderschönen Dachterrasse des Museumscafés einen Sprizz in der Sonne trinken und den Blick auf den Englischen Garten genießen. Ein echter Geheimtipp! Archäologische Staatssammlung (archaeologie.bayern) Museumscafé sola.bar Fotos: Christine Lehner (mit freundlicher Genehmigung der Archäologischen Sammlung München) // Foto des Raumes "Sonderausstellung" von Stefanie Friedrich (ASM)

  • Das Bayerische Nationalmuseum

    Warum sich ein Ausflug dorthin gerade jetzt lohnt. Ein Plädoyer. Das Bayerische Nationalmuseum ist den meisten Münchnerinnen und Münchnern sicher wegen seiner berühmten Krippensammlung im Untergeschoss bekannt. Dass das Haus in der Prinzregentenstraße in unmittelbarer Nähe zu P1 und Eisbachwelle weitaus mehr zu bieten hat - und eine kunstbegeisterte Gästeführerin wie mich aktuell in Ekstase versetzt - darüber handelt der folgende Beitrag. Ehrlich gesagt lässt sich gar nicht so leicht in Worte fassen, was mich am Bayerischen Nationalmuseum (BNM) genau fasziniert. In der Krippensammlung ist es eindeutig die Atmosphäre. Dieses plötzliche Eintauchen in eine andere Welt, in das schummrige Licht der Räume und die kleinen und großen Schaukästen, die so ausgeleuchtet sind, dass man sich in die Szenerie förmlich „hineingezogen“ fühlt. Und dann natürlich die liebevoll gestalteten Figuren, manche ganz klein und zierlich-schön, manche größer, feurig und schaurig, mal überdimensioniert, mal winzig, manchmal in purer Emotion aufgehend, andere dagegen wieder in scheinbarer Gleichgültigkeit erstarrt. Faszinierend, spannend, beruhigend und aufregend zugleich. Während ich diese Zeilen schreibe, wird mir bewusst: das Gefühl, welches ich beim Besuch der Krippensammlung habe, ähnelt ziemlich genau dem, welches ich beim Rundgang durch das Haus in seiner Gesamtheit verspüre. Ich habe also doch Worte gefunden. Aber nochmal der Reihe nach. DIE STUDIOAUSSTELLUNG - EIN RÄTSEL IM RÄTSEL Es ist Karfreitag und ich habe ausnahmsweise frei. Endlich nehme ich mir die Zeit, das Bayerische Nationalmuseum zu besuchen. Als Münchner Gästeführerin eigentlich ein regelmäßiges Muss, da es hier Kunstschätze zu bestaunen gibt, die für die Bayerische und auch Münchner Geschichte von immenser Wichtigkeit sind. Nicht zuletzt aufgrund der bedeutenden Sammlung der Wittelsbacher, die den Grundstock des Museums bildet. Doch wie wieder Zugang zu einem Haus bekommen, dass auf 13.000 m² in einer schier endlosen Zahl an Räumen Werke „von der Spätantike bis Jugendstil“ präsentiert? Ich entscheide mich dafür, heute als aller erstes die neue Studioausstellung zu besuchen, für die das Museum aktuell wirbt. Passend zur Osterzeit trägt sie den Titel Goldene Passion - Georg Petel und das Rätsel seiner Kreuzigungsgruppe. Das Thema klingt für mich als an Kirchengeschichte interessierte Person sehr spannend, wird für mich aber anfangs selbst zum „Rätsel im Rätsel“, da ich zunächst etwas Mühe habe, die Ausstellung zu erschließen. WAS MICH FASZINIERT? EINFACH ALLES! So wie ich den - in meinen Augen - doch recht kompliziert geschriebenen Begleittext verstehe, handelt es sich bei den drei ausgestellten, golden glänzenden Figuren zum einen um Christus am Kreuz, zum anderen um zwei „Schächer“, also Männer, die mit Jesus gekreuzigt wurden. Weiter erfahre ich: die beiden Schächer gehören eigentlich zum Bestand des Bode Museum in Berlin und wurden dort auch ausgestellt – nur die Christusfigur in der Mitte glaubte man lange Zeit verschollen. Zumindest bis zu dem Moment, als ein findiger Kunstexperte des Bayerischen Nationalmuseums auf die Idee kam, nach dem fehlenden Christus doch einmal im reichen Fundus des BNMs zu suchen. Und siehe da: ein hochkompliziertes, computergestütztes Analyseverfahren bewies: Ja, die Christusfigur aus dem Münchner Depot ist tatsächlich DER fehlende Jesus der Kreuzigungsgruppe ! Nun also werden die glänzenden und überaus prachtvoll gefertigten Stücke gemeinsam als wieder vereintes Trio noch bis Ende Juni hier in München zu sehen sein, bevor sie dann zu dritt nach Berlin wandern, um sich dem dortigen Publikum zu präsentieren. So weit, so gut. Doch was daran ist so faszinierend ? Wenn Sie mich fragen: einfach ALLES ! EINE SENSATION IN VIELERLEI HINSICHT Erstens: Es ist eine Kriminalgeschichte mit Happy End, wie man sie aus dem Kino kennt: ein berühmtes Kunstwerk verschwindet, gilt jahrelang als verschollen und taucht plötzlich in irgendeinem Speicher wieder auf. Allein das schon eine Sensation. Zweitens: bei dem Kunstwerk handelt es sich um das Werk einer der ersten Barockbildhauer in Deutschland überhaupt, der noch dazu aus Bayern stammt. Der (mir zumindest bis dato völlig unbekannte) Georg Petel (geboren 1601/02) kam nämlich aus Weilheim, ließ sich dort und in München als Bildhauer ausbilden und machte sich im Alter von gerade mal 20 Jahren auf die damals nicht ganz ungefährliche Wanderschaft nach Antwerpen, wo er unter anderem Bekanntschaft mit Peter Paul Rubens machte, dem wiederum vielleicht bekanntesten Barockmaler überhaupt (Anm.: Rubens Werke hängen heute unter anderem in der Alten Pinakothek). Vom Schaffen Rubens inspiriert, reiste der junge Petel anschließend über Frankreich nach Italien, wo er auch mit Werken Michelangelos in Berührung kam (Anm.: Michelangelo, 1475-1564, schuf unter anderem das berühmte Deckenfresko Erschaffung Adams in der sixtinischen Kapelle, Vatikan). Und drittens - und das finde ich ebenfalls sensationell: in Rom lernte Petel auch noch den fast gleichaltrigen, flämischen Barockmaler Anthonis van Dyck kennen (kunstinteressierte Münchnerinnen und Münchner erinnern sich vielleicht noch an die Van Dyck Ausstellung in der Alten Pinakothek im Jahr 2019) und ließ sich von diesem portraitieren. Auch dieses Bild ist als Leihgabe der Pinakothek in der Studioausstellung zu sehen. Der junge Georg Petel aus Weilheim (später wohnhaft in Augsburg) wird angeblich bereits im 18. Jahrhundert sogar als „Deutscher Michelangelo“ gefeiert. Wow! Was für eine geniale Geschichte! BEEINDRUCKEND - TROTZ FEHLENDEM ROTEN FADEN Leider versteht man die Zusammenhänge erst, wenn man sich wirklich Zeit nimmt und sich fast schon auf Knien von Objektbeschreibung zu Objektbeschreibung hangelt. Das ist mühsam. Das BNM schafft es meiner Ansicht nach nicht wirklich, diese großartige Studioausstellung so zu präsentieren, wie ich es mir persönlich gewünscht hätte: leicht verständlich, anschaulich und das wichtigste deutlich hervorgehoben. Auch die anderen großartigen Meisterwerke Petels (wie etwa das "Kruzifixus" aus Elfenbein, das Petel in sehr jungen Jahren schuf und mit dem er zu einem der führenden europäischen Elfenbeinschnitzer wurde, siehe Foto unten rechts) gehen etwas unter, ein roter Faden ist in der Studioausstellung nicht richtig erkennbar (allein schon den Begriff „Studioausstellung“ finde ich sperrig). So wie mir geht es leider auch einem älteren, sehr kunstinteressierten Ehepaar, das nur für die Ausstellung gekommen ist. Die beiden mutmaßen und rätseln, machen sich selbst einen Reim und nehmen sich eben nicht die Zeit, sich alle Beschreibungen durchzulesen. Schade. Und dennoch beeindruckt mich die Ausstellung außerordentlich. EIN BESUCH ? IMMER UND JEDERZEIT ! Nun fällt mir spontan auch keine Lösung ein, wie man den "Deutschen Michelangelo" vielleicht besser hätte vermarkten können und natürlich möchte der Beitrag keinesfalls PR-Bashing betreiben, im Gegenteil: ich möchte an dieser Stelle bewusst dazu aufrufen, die Studioausstellung und das Bayerische Nationalmuseum trotzdem und unbedingt zu besuchen!! Und zwar am besten noch heute, spätestens morgen, in jedem Fall zu jeder sich bietenden Gelegenheit ! Denn neben der wirklich fantastischen Goldene Passion, die noch bis Juni dieses Jahres zu sehen ist, lohnt vor allem auch ein Besuch der Dauerausstellung, mit weiteren zahlreichen, absolut sehenswerten Schätzen. Ja, dafür muss man ordentlich Zeit mitbringen. Aber es lohnt sich! Am heutigen Karfreitag schaffe ich es leider nicht mehr, mich auf die weiteren Räume zu fokussieren, doch Dank des gut aufbereiteten Audioguides gelingt es mir, mir einen kleinen Überblick über die Highlights der Sammlung zu verschaffen. EINE BEHAARTE MARIA MAGDALENA Am meisten fasziniert mich die in der Abteilung „Gotik“ ausgestellte, fast lebensgroße Figur der Maria Magdalena von Tilmann Riemenschneider (Titel Entrückung der Hl. Maria Magdalena, 1490/92). Diese wird komplett behaart dargestellt, etwas, was ich so noch nie in der Verkörperung der Maria Magdalena gesehen habe. Der Beschreibung nach hat sie mehrere Jahre in der Einöde verbracht um Buße zu tun. Durch "göttliche Fügung" wuchs ihr dann ein Haarkleid, das ihre Nacktheit verhüllen sollte. Meiner Meinung nach fehlte es ihr in der Wüste einfach an passenden Utensilien. Spannend und skurril zugleich. Und dann natürlich der "Klassiker" für jeden Gästeführer: das Sandtnersche Stadtmodell Münchens (1570), ein erstaunlich exaktes Abbild der Stadt im Mittelalter. Oder das wunderbare feine und fast schon zum Besucher sprechende Porzellan der Commedia dell’Arte von Franz Anton Bustelli. Oder die zahlreichen original Garderoben aus der Renaissance, sämtliche Portraits bedeutender Wittelsbacher, deren hauseigenes Hof-Porzellan und -Besteck sowie andere privaten Gegenstände, oder auch die Möbel des großen Reformers Montgelas. Nach knapp fünf Stunden Museumsrundgang bin ich völlig erschöpft und der Ohnmacht nahe, dafür aber völlig erfüllt und glücklich. Ich nehme mir vor, mich bald einmal selbst einer Führung durch das Haus anzuschließen, um noch mehr Details über die Schätze zu erfahren. Zur Feier des Tages gönne ich mir aber noch schnell eine Tasse Tee und ein Stück Apfelkuchen im angeschlossenen Museumskaffee. Angesichts meiner sichtlichen Erschöpfung und weil Ostern kurz bevorsteht, reicht mir der nette Kellner spontan einen alkoholfreien Secco. Auch das: einfach sensationell - und ohne viel Aufsehen :) Bayerisches Nationalmuseum Programm Fotos: Christine Lehner (mit freundlicher Genehmigung des Bayerischen Nationalmuseums) // Renaissance-Kleid: Bayerisches Nationalmuseum, Bastian Krack. Die „Goldene Passion – Georg Petel und das Rätsel seiner Kreuzigungsgruppe“ läuft noch bis 30. Juni 2024, danach ist die Gruppe in der Skulpturensammlung und Museum für Byzantinische Kunst, Staatliche Museen zu Berlin, zu sehen (Laufzeit dort: 19. 07.–20.10.2024).

  • Volkstheater und "Schmock"

    Wohltat für Leib und Seele Wer einmal einen richtig entspannten Theaterabend erleben möchte, dem empfehle ich einen Besuch im Volkstheater samt Abendessen im Restaurant Schmock. Ursprünglich am Stiglmaierplatz in der Maxvorstadt gelegen, warten beide seit Oktober 2021 mit einem wirklich sehenswerten Neubau im hippen Schlachthofviertel auf. Ein Muss für Architektur-Liebhaber und Fans mediterraner Levante-Küche. ENTSPANNUNG SCHON BEI DER ANFAHRT Bereits die Anreise verläuft easy: das Volkstheater beherbergt im Gegensatz zu seinem Vorgänger eine eigene Tiefgarage. Angesichts des Parkplatzmangels in München ein Traum. Die Stellplätze bieten genügend Platz, selbst für größere Fahrzeuge. Nur ein paar Treppenstufen nach oben, und man steht direkt im Theater-Foyer. Entspannter geht’s nicht. Das Theatergebäude selbst besticht innen durch einen luftigen Bau in kräftigen Blau- und Gelbtönen, außen durch seine hellrote Backsteinfassade, konzipiert vom Stuttgarter Architekturbüro LRO Lederer Ragnarsdóttier Oei. Kurioserweise fühle ich mich beim Betrachten der Fassade an ein Gemälde des amerikanischen Künstlers Edward Hopper erinnert. Vielleicht, weil das Gebäude, trotz seiner Größe, durch den einheitlichen, rötlichen Look der Ziegel sehr kompakt wird, ein bisschen so wie in Hoppers „Greenwich Village“, obgleich in mir beim Betrachten keine Leere, sondern ein Gefühl des zu Hause seins entsteht. ELEGANTE RÄUME, MEDITERRANES FLAIR Da wir unbedingt noch das letzte Fünkchen Tageslicht nutzen wollen, um Fotos von der rundgeschwungenen Fassade zu machen, betreten wir das „Schmock“ über die mediterran anmutende Terrasse – ansonsten wäre ein Zugang in das Restaurant auch direkt vom Theaterfoyer aus möglich gewesen. Weil der gesamte Abend als Hochzeitsgeschenk für meine Schwester und deren Mann gedacht ist, haben wir zu dritt einen Tisch im hinteren Restaurantbereich, quasi dem Hauptraum, reserviert und werden dort persönlich platziert. Der Raum wird nach hinten durch eine luftige Glasfront begrenzt, doch schafft der Saal aufgrund des gedämpften Lichts, den rot-braunen Wänden, des hölzernen Mobiliars und den sanft flackernden Kerzen (sehr stilvoll gestaltet von der Münchner Innenarchitektin Cosima von Wulffen) eine gemütliche Atmosphäre. Das Publikum ist bunt gemischt, sowohl Paare als auch kleinere Gruppen unterschiedlichen Alters haben Platz. LEVANTE-KÜCHE VOM FEINSTEN Die Karte bietet eine feine Auswahl israelisch-arabischer Gerichte. Wir entscheiden uns für einen Vorspeisenteller für drei, bestehend unter anderem aus Humus, Tabbouleh, Bulgur, Falafel und Baba Ghanousch und erfreuen uns an dem - wirklich delikaten, weil fluffig und warmen – gereichten Fladenbrot. Als Hauptgang wähle ich im Ofen geschmortes Lamm mit Gemüse und Süßkartoffel-Püree. Ebenso wie die Schokotarte zum Schluss ein Genuss, denn beides zergeht förmlich auf der Zunge. Dazu ein prickelnd-fruchtiges Getränk mit dem Namen „Spritz Haifa“ - und ich wähne mich im Kulinarik-Himmel. THEATER FAST WIE IM KINO Bestens gelaunt und gestärkt verlassen wir nach rund zwei Stunden Genuss das Schmock wieder in Richtung Theater, da die Vorstellung gleich beginnt. Schnell noch ein Schluck Wasser an der Bar (hier geht alles blitzschnell, kein großes Schlange stehen am Tresen) und wir nehmen auf unseren äußert bequemen Sesseln, gefühlt so gemütlich wie im Kino, im Großen Saal Platz. Auch das Stück, das wir uns für diesen Abend ausgesucht haben (Die verlorene Ehre der Katharina Blum) wirkt ein bisschen wie ein Kinofilm: Die Darsteller spielen die Erzählung von Heinrich Böll aus dem Jahr 1974 authentisch und emotional, immer wieder begleitet von mehreren Kameras, die die Mimik und Gestik hautnah auf großen Leinwänden übertragen und dadurch miterleben lassen, was uns als Zuschauer sehr fesselt. Uns überzeugen sowohl die Regie (das Stück wurde von Hausregisseur Philipp Arnold inszeniert) als auch die schauspielerische Leistung der Mitwirkenden. Und - Überraschung! - die angenehme Länge: nach nur knapp einer Stunde und dreißig Minuten (Spielfilmlänge) fällt der Vorhang wieder, das Publikum beginnt zunächst zögerlich zu klatschen, etwas unsicher, ob wir wirklich schon am Ende der Vorstellung angekommen sind (vor allem, weil es gerade so spannend ist!). Doch schnell verwandelt sich das anfängliche Zögern in kräftigen Schlussapplaus, den das Ensemble unserer Meinung nach absolut verdient hat. Beglückt von diesem rundum gelungenen Abend, der für Leib und Seele eine echte Wohltat war, treten wir glücklich die Heimfahrt an. Wie traumhaft entspannt und anregend zugleich so ein Abend doch sein kann. Münchner Volkstheater Restaurant Schmock Fotos: Christine Lehner // Daniel Schvarzc, Jessica Tovenrath (mit freundlicher Genehmigung des Restaurant Schmock) // Roland Halbe, Gabriela Neeb (mit freundlicher Genehmigung des Münchner Volkstheaters)

  • Damien Hirst @ MUCA

    The Weight of Things Dass das kleine aber feine Museum of Urban and Contemporary Art (MUCA) in München Werke internationaler Topstars wie Banksy, Kaws oder Barry McGee beheimatet, dürfte mittlerweile bekannt sein. Mit der im Oktober 2023 eröffneten Solo-Ausstellung The Weight of Things ist den MUCA-Gründern Stephanie und Christian Utz ein weiterer Coup gelungen: erstmals in Deutschland präsentieren sie die bekanntesten  - und stark polarisierenden - Werke des britischen Malers, Bildhauers und Installationskünstlers Damien Hirst, darunter auch den berühmten Diamantenschädel (Offizieller Titel: For the Love of God, Wert: rund 50 Millionen Pfund) und den in drei Teile geschnitten und in Formaldehyd konservierten Haifisch aus der Reihe Natural History. KILOMETERLANGE SCHLANGEN? FEHLANZEIGE! Betritt man das MUCA an einem verregneten Freitagnachmittag, so wird man durchaus überrascht: statt einer endlosen, auf Einlass drängelnden Besucherschlange trifft man auf etwa ein Dutzend Männer und Frauen mittleren Alters, die sich, genau wie ich, für eine geführte Tour durch die Ausstellung entschieden haben. An der Museumskasse sitzen zwei junge Damen, die dem (angesichts des millionenschweren Objektes eher unterbesetzt wirkenden) Aufsichtspersonal noch schnell ein paar Anweisungen zurufen. Schon geht’s los, die Gruppe wird in den „MUCA-Bunker“ geführt, ein an das Museum mehr oder weniger angegliederter Nebenraum, wo der weltberühmte, funkelnde Schädel hinter Schutzglas ausgestellt ist (Anm.: nur bis 28. Januar 2024). Erhellende Worte zu dem Meisterwerk mit den 8.601 glitzernden Steinen, ausreichend Gelegenheit für Fotos - und weiter geht‘s. Es beginnt der eigentliche rund 60 minütige Rundgang im Hauptgebäude des MUCA, zu den nicht weniger beeindruckenden Werken des Künstlers. KUSCHELIGE "SELBSTVERSTÄNDLICHKEIT" TRIFFT AUF UNBEHAGEN Das MUCA zeigt sich den Besuchern in Aufbau und Wirkung der Ausstellung (die Hirst übrigens selbst kuratiert hat!) völlig unprätentiös, keinesfalls gleichgültig, doch angesichts der Exponate von Weltrang fast schon „tiefenentspannt“. Das ist nicht unbedingt negativ: es entsteht ein Gefühl "kuscheliger Selbstverständlichkeit". Ja, in München ist man Kunst auf Weltniveau gewohnt, kuschelt gern mit ihr. Und dennoch hat genau diese wohlige Behaglichkeit auf mich persönlich einen irritierenden Effekt. Es ist schon fast zu kuschelig, zu heimisch, zu entspannt – trotz der teils verstörenden Werke Hirsts, die durchaus Unbehagen bereiten können. Ist das so gewollt? Vielleicht ist dieses "runde Gefühl" auch der Tatsache geschuldet, dass sich Hirst kleine Modellbauten des MUCA zu sich nach Hause hat schicken lassen, um die Hängung und Positionierung seiner Kunst en Detail zu planen, wie uns im Rundgang erklärt wird. Die Räume sind ideal konzipiert, die Kunst fügt sich perfekt ein, nichts ist dem Zufall überlassen. Und diese Harmonie spürt man. Schließlich passt das Gefühl des "Wohlfühlens" auch in das Konzept des Museums, das nicht als klassisches Museum, sondern laut Aussage der Gründer vielmehr als "Ort der Begegnung" gedacht ist. HIER IST ETWAS GROßES ENTSTANDEN Meine Gruppe ist jedenfalls begeistert von den Spot Paintings Hirsts, erschaudert vor dem konservierten Haupt einer Kuh (genau wie der Hai Teil der Serie Natural History) und erschrickt  angesichts der Masse an Zigaretten im überdimensionalen Aschenbecher, der den Titel Krematorium trägt. Ja, die Ausstellung bzw. die Werke selbst polarisieren, faszinieren und hypnotisieren zugleich, doch meine Gruppe ist sich an diesem Tag einig: hier ist etwas Großes entstanden. Ich selbst stehe sogar kurz davor, mir eine, für meinen Geschmack zwar etwas hochpreisige, dafür aber richtig stylische Stofftasche bedruckt mit dem Diamantenschädel zu kaufen. Denn eins möchte ich mir auf jeden Fall bewahren (wenn auch nicht in Formaldehyd): das Gefühl, dabei gewesen zu sein. Bei Damien Hirst und The Weight of Things, hier im MUCA. DIE AUSSTELLUNG LÄUFT NOCH BIS HERBST 2024 Mehr Informationen unter MUCA München - Museum of Urban and Contemporary Art Fotos: ©Christine Lehner mit freundlicher Genehmigung des MUCA.

bottom of page